17. November 2020
Radio Free Asia, www.rfa.org

China verbietet Weihrauch-Rituale vor dem Jokhang Tempel in Lhasa

China verbietet jetzt das Verbrennen von Wacholder-Zweigen und andere duftende Rauchopfer außerhalb des berühmten Jokhang Tempels, wobei als Begründung Bedenken wegen der Luftverschmutzung genannt werden.

Als Folge dieser Maßnahme wird die Praktizierung des Glaubens an dieser weltberühmten Pilgerstätte noch mehr eingeschränkt. Im Zuge von Renovierungsarbeiten vor dem Jokhang wurde bereits früher ein Areal abgezäunt, um die Gläubigen daran zu hindern, öffentlich zu beten und ihre Niederwerfungen außerhalb des Tempels auszuführen.

Zwei große Räucheröfen, die zum Zweck der Darbringung der Sang Sol genannten Rauchopfer vor dem Jokhang Tempel stehen, seien jetzt für die Gläubigen, die traditionsgemäß jeden Mittwoch und zu anderen besonderen Gelegenheiten dort Rituale abhielten, vollständig geschlossen worden, berichtete eine in Tibet lebende Quelle diese Woche RFA.

Jokhang-Tempel mit den zwei Räucheröfen, Bild: Tibetan Review

„Die chinesischen Behörden in Lhasa behaupten, daß die unbedachte Verbrennung dieser Räucherzweige der Umwelt schade und die Luft verschmutze“, verlautet aus der Quelle. Chinesische Beamte hätten seit Anfang November Schritte zur diesbezüglichen Erziehung der Öffentlichkeit unternommen.

„Sie veranstalteten Propaganda-Kundgebungen in der Nähe der Orte für die Räucherwerk-Darbietungen vor dem Jokhang, wo nun offizielle Transparente zur verantwortungsvollen Praxis von Sang Sol, basierend auf der ‚individuellen Wahrnehmung und Erziehung’, aufrufen“, sagte die Quelle, die anonym bleiben muß.

„Die zwei für die Sang Sol Rituale vor dem Jokhang errichteten großen ofenähnliche Gebilde bleiben indessen geschlossen“, verlautet aus der Quelle.

Beobachtern zufolge weisen die neuen Restriktionen um den Jokhang-Tempel auf die zunehmende chinesische Kontrolle der traditionellen Religionsausübung und die Tendenz Pekings hin, den tibetischen Buddhismus in eine chinesische Religion umzuwandeln.

Zudem wurden während des Lockdowns in Lhasa zur Verhinderung der Ausbreitung von Covid19 im April zwei Pavillons im chinesischen Stil vor dem Jokhang errichtet. Es besteht die Sorge, daß die Einführung von fremden Architekturelementen in den Tempel-Komplex den Status des Jokhang als UNESCO-Weltkulturerbe gefährden könnte.

Und am 17. Februar 2018 brach ein Feuer auf dem Tempel-Gelände aus, das mindestens ein Gebäude in Brand setzte, jedoch nicht auf den Zentralbau übergriff, der das wichtigste Standbild des Tempels, die berühmte Buddha-Statue, die im 7. Jahrhundert von der chinesischen Gattin des tibetischen Königs Songtsen Gampo nach Tibet mitgebracht wurde, beherbergt.

Die Anlagen zum Verbrennen von Weihrauch wurden mit Vorlegeschlössern versehen, nachdem China die Opferstellen im Jokhang Tempel in Lhasa für die tibetischen Gläubigen abgeriegelt hatte.

Vorhängeschlösser vor den Öfen

Indessen haben die chinesischen Behörden in Tibet in vielen Teilen der Region die Zerstörung der Gebetsfahnen befohlen, was einen der bisher schärfsten Angriffe auf die sichtbaren Symbole der tibetischen Kultur und Religion darstellt.

Wie eine Quelle berichtete, wurden alle Gebetsfähnchen mit den aufgedruckten Mantras, ob alt oder neu, im Namen der „Säuberung der Umwelt“ und der „Verhaltensreform“ entfernt, wobei sogar die Masten, an denen sie aufgehängt waren, abgerissen wurden.

„Die Chinesen kontrollieren jeden Aspekt der religiösen Ausübung der Tibeter“, teilte diese Woche eine zweite Quelle RFA mit. Infolge der jüngsten Verschärfung der Kontrolle habe sich der Zustand der Religionsfreiheit in Tibet „noch weiter verschlechtert“.

„Die Schließung der traditionellen Stätten der Anbetung der Tibeter, ja sogar des Ortes für die Darbringung von Sang Sol, erinnert an die Kulturrevolution in China“.